2.4  Verwendung von Sauerstoff

Use of oxygen

 
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2.4.1  Der Sauerstoff im Blut

Einflussgrößen und Risiken durch Sauerstoffmangel

 
2.4.1.1 Welchen Einfluss hat die Höhe auf die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins?

Der Sauerstoff ist in den roten Blutkörperchen an das Molekül Hämoglobin gebunden, wobei die Sättigung den prozentualen Anteil des Hämoglobins beschreibt, an den der Sauerstoff gebunden ist.

Auf Meereshöhe beträgt die Sauerstoffsättigung des Blutes mindestens 98 %. Mit zunehmender Höhe nimmt der Druck ab und es wird schwieriger, Sauerstoff an das Hämoglobinmolekül zu binden. Die Sauerstoffsättigung sinkt. Der Körper versucht, den Sauerstoffmangel im Gehirn auszugleichen, indem er die Atem- und Herzfrequenz erhöht. Die Verteilung des Blutes wird in Richtung der lebenswichtigen Organe Herz und Gehirn verschoben.

Wenn wir mit einem Segelflugzeug (oder einem anderen Flugzeug ohne Druckkabine) oberhalb einer Höhe von 10.000 ft (ca. 3000m) über dem Meeresspiegel fliegen, ist der Luftdruck so stark gesunken, dass der Körper den Sauerstoffmangel nicht mehr ausreichend ausgleichen kann. Die Sauerstoffsättigung fällt unter 90 % und man spricht dann von Sauerstoffmangel (Hypoxie). Der Sauerstoffmangel nimmt zu, wenn du weiter steigst oder längere Zeit über 10.000 ft bleibst.

Die Zeichnung zeigt zur Veranschaulichung den Einfluss der Höhe auf die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins.

Abb. 2.4.0.1 Sauerstoffsättigung Hämoglobin

Abb. 2.4.0.1  Sauerstoffsättigung Hämoglobin 

Mit einer Sauerstoffsättigung zwischen 90 und 98% kann der Mensch uneingeschränkt reagieren.

Die rechte Seite zeigt den Partialdruck von Sauerstoff in der Lunge. Auf Meereshöhe enthält die Luft 21 % Sauerstoff. Der Partialdruck von Sauerstoff beträgt ±x210 hPa, das sind ± 160 mm Hg (Quecksilberdruck).

Beim Einatmen wird die Atemluft angefeuchtet und es entsteht Wasserdampf – der Partialdruck von O2 (PO2) sinkt auf 149 mm Hg.

Danach findet eine Durchmischung mit dem vorhandenen CO2 in der Luge statt – auch hier sinkt der PO2 weiter auf 103 mm Hg. Am Ende, nach dem Transport zu den Zellen und weiteren biochemischen Vorgängen, liegt nur noch ein PO2 von 40 mm Hg vor.

Die Abnahme des Druckes im Körper bezeichnet man als Druckgefälle und ist notwendig, um eine ausreichende Sättigung im Blut mit O2 zu erreichen.
Der Sauerstoffpartialdruck nimmt aber mit der Höhe immer weiter ab und somit wird das Druckgefälle immer flacher, bis es sogar aufgehoben wird. Die Sättigung des Hämoglobins geht stark zurück.

 

Wie hoch ist nun die durchschnittliche Atemfrequenz eines Erwachsenen in Ruhe?
Pro Minute atmet ein Erwachsener in Ruhe etwa zwölf bis sechzehn Mal, wobei er jedes Mal etwa einen halben Liter Luft einatmet. Beim Laufen kann dies bis zu 4 Liter pro Atemzug betragen.

 

Welche Auswirkungen hat die zunehmende Höhe auf den Gesamtdruck und den Partialdruck der verschiedenen atmosphärischen Gase?
Der Druck nimmt mit der Höhe ab. In einer Höhe von 5,5 km halbiert sich der Luftdruck. Pro 100 Meter sinkt der Druck in den unteren Schichten um 12,5 hPa. In einer Höhe von 2500 m ist der Luftdruck etwa ein Viertel niedriger als auf Meereshöhe.
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2.4.1.2  Was ist Hypoxie und was bedeutet sie für den sicheren Flugbetrieb?
Hypoxie ist ein Mangel an Sauerstoff. Oberhalb von 3600 m (über dem Meeresspiegel) fliegen wir mit Sauerstoff. Mit zunehmender Höhe kommen wir in einen Bereich mit niedrigerem Luftdruck, was zur Folge hat, dass wir, wie oben schon beschrieben, eine Abnahme des Druckgefälles haben und die Sauerstoffaufnahme stark erschwert ist.

 

Wie kann ein gesunder Erwachsener einen Sauerstoffmangel in Höhen bis zu ca. 4000 Metern kompensieren?

Unser Körper kompensiert dies, indem er tiefer atmet und einen schnelleren Herzschlag hat. Oberhalb von ±x3600 Metern kann der Körper nicht mehr kompensieren und es kommt zu Sauerstoffmangel, der sog. Hypoxie.

Das gefährliche an der Hypoxie ist, dass der Pilot die Situation nicht erkennt und z.T. sogar euphorische Gefühle hat.

Die Schwelle, wann eine Hypoxie eintritt und welche Symptome auftreten sind stark abhängig von Tagesform, Konsum von Alkohol und Medikamenten, Raucher oder Nichtraucher und sind bei jedem individuell verschieden.
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2.4.2  Gefährliche Grenzen

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2.4.2.1  Psychologische Grenzen

Die Selbstrettungszeit (Time of Useful Consciousness) bei Sauerstoffmangel in Abhängigkeit von der Höhe, Notwendigkeit der Sauerstoffgabe ab 3500 m

 
Warum brauchen lebende Gewebe Sauerstoff?
Gewebe benötigt ständig Sauerstoff und Nährstoffe, damit ein Stoffwechsel stattfinden kann.

 

Was verstehen wir unter dem Begriff "Time of Useful Consciousness" (TUC)?

TUC („time of useful consciousness“) oder auch Selbstrettungszeit ist der Zeitraum vom Beginn des Sauerstoffmangels bis zur Handlungsunfähigkeit.

Als Beispiel fliegst du in einer Höhe von 6000 m und dein Sauerstoffgerät versagt. Um keine Hypoxie zu erleiden und bewusstlos zu werden musst du jetzt möglichst schnell auf eine niedrigere Höhe absteigen. Dafür hast du je nach Flughöhe unterschiedlich Zeit. Die TUC in 6000 m beträgt für einen gesunden Erwachsenen ca. 30 min, in 12500 m jedoch nur noch 15 Sekunden!

Abb. 2.4.0.2 SelbstrettungszeitAbb. 2.4.0.2: Selbstrettungszeit

Was sind die physiologischen Grenzen für Menschen in größeren Höhen (über 10i000ft)?

Wie schon besprochen, bindet dein Blut mit zunehmender Höhe weniger Sauerstoff und der Körper versucht dieses durch tiefere und schnellere Atmung zu kompensieren. Die Sauerstoffsättigung von Hämoglobin -  auf Meereshöhe 98 % - sinkt in einer Höhe von 10.000 ft bei einem Gesunden auf 90 %.

Das bedeutet der Pilot leidet unter einer Hypoxie, die allerdings kompensiert werden kann (Atem- und Herzfrequenz steigen) – man spricht deshalb bis zu einer Höhe von 10000 ft auch von der Zone der vollständigen Kompensation.

Warum ist es unsicher, über 10 - 12 000 ft ohne zusätzlichen Sauerstoff zu fliegen?

Oberhalb von 10-12000 ft haben wir es mit Sauerstoffsättigungswerten unter 90 % zu tun, hier liegt die sogenannte Störschwelle. Der Körper kann den niedrigen Partialdruck des O2 in der Atemluft nicht vollständig ausgleichen, so dass es je nach Zeitdauer zu Störungen kommt. Um die Sauerstoffsättigung zu erhöhen, muss der Prozentsatz des Sauerstoffs in der eingeatmeten Luft höher als 21 % werden. Das erreicht man durch Gabe von reinem Sauerstoff (Nasenbrillen, Masken etc.) und verschiebt damit die oben erwähnte Störschwelle von 10000 ft auf knapp 40000 ft. Um der Gefahr eines Sauerstoffmangels zu begegnen, bist du als Segelflieger gesetzlich verpflichtet bei Flügen in großen Höhen, Sauerstoff mitzunehmen.

In der folgenden Tabelle kannst du sehen, wie hoch der Sauerstoffanteil der eingeatmeten Luft sein muss.

Abb. 2.4.0.3 Sauerstoffanteil Einatemluft NEU 20230221
 Abb. 2.4.0.3  Sauerstoffanteil Einatemluft
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2.4.3  Sauerstoffmangel, Symptome und Maßnahmen

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2.4.3.1  Sauerstoffmangel während eines Fluges

Faktoren, Symptome und Maßnahmen zur Verhinderung

Drei Situationen, die während eines Fluges zu Sauerstoffmangel führen können
  • Fliegen ohne Sauerstoffanlage über 10.000 ft,
  • eine schlecht funktionierende oder defekte Sauerstoffanlage und
  • bei Druckkabinen ein Leck im Drucksystem, das zu einem Druckabfall führt.
Oberhalb von 10.000 ft benötigst du zusätzlichen Sauerstoff über eine Sauerstoffanlage – je höher, desto größer ist der Sauerstoffbedarf (in 33000 ft schon 100%). Ab einer  Höhe von 40.000 Fuß benötigst du eine Druckkabine oder einen Druckanzug, um ein notwendiges Druckgefälle aufrecht erhalten zu können.

 

Welche Faktoren beeinflussen den Grad des Sauerstoffmangels?
  • Zeit.
    Je länger du dich in einer Höhe mit Sauerstoffmangel aufhältst, desto tödlicher ist es.
  • Anstrengung.
    Je mehr du dich bewegst und anstrengst, desto mehr Sauerstoff benötigt dein Körper. Der Mangel wird  schnell größer.
  • Temperatur (kalt).
    Je kälter es in großer Höhe in einem Segelflugzeug ist, desto mehr Energie verbrauchst du, um warm zu bleiben.
  • Rauchen, Alkohol und Medikamente.
    Sauerstoffmangel tritt bereits in geringerer Höhe bei Rauchern, bei Alkoholkonsum, bei Menschen mit Anämie und in einigen Fällen bei Medikamenten auf.
 
Welche Vorsichtsmaßnahmen sind nach einer Blutspende zu treffen?
Blutspender geben i.d.R. einen halben Liter Blut, was ca. 10 % des Blutvolumens eines Menschen ausmacht. Normalerweise merkst du nichts davon, aber bei einem anschließenden Flug in größerer Höhe ist es möglich, dass du früher einen Sauerstoffmangel erleidest. Deswegen ist es ratsam, in den ersten 24 Stunden nicht zu fliegen.

 

Was sind die Anzeichen und Symptome von Sauerstoffmangel?
  • Blauverfärbung der Nägel und Lippen
  • euphorisches Gefühl
  • Kopfschmerzen
  • Schwindelgefühl
  • Übelkeit
  • Verlust der Sehkraft (Farbsehen nimmt ab)
  • Kribbeln in Fingern, Zehen und an Lippen
  • tiefere Atmung
  • längere Reaktionszeit
  • Unfähig, Entscheidungen zu treffen,
  • Der Pilot kann die Instrumente ggf. nicht mehr richtig ablesen und interpretieren, ohne dass es selbst diese Symptome an sich selbst bemerkt. Rauchen, Einnahme von Medikamenten und eine Anämie können dazu führen, dass dies Symptome früher und verstärkt eintreten.
 
Welche Möglichkeiten gibt es, Sauerstoffmangel zu verhindern?
  • Fliegen in niedrigeren Höhen
  • Verwendung einer Sauerstoffanlage
  • Lebe gesund und trainiere deinen Körper! Der Grenzwert von 3500 m für die Verwendung von Sauerstoff ist nur ein Richtwert und gilt für eine gesunde Person, mit gesunden Lebensstil, einem normales Gewicht, ausreichender Bewegung und wenig Alkoholkonsum. Auch das Rauchen, Stress und wenig Schlaf verschieben diese Schwelle nach unten.
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2.4.3.2  Hyperventilation

Was passiert bei Hyperventilation im Blut, welche Symptome treten auf und welche Gegenmaßnahmen gibt es?

Hyperventilation und die Rolle des Kohlendioxids bei der Steuerung und Regulierung der Atmung.

Ventilation ist ein anderes Wort für Atmung. Unter Hyperventilation versteht man das Atmen über den eigentlichen O2-Bedarf hinaus. Auch das kann eine Gefahr in der Fliegerei darstellen. Durch die vermehrte Atmung wird mehr CO2 (Kohlendioxid) abgeatmet als produziert wird.

Der pH-Wert (Säurewert) des Blutes sinkt in den alkalischen Bereich, was zur Folge hat, dass der Sauerstoff aus dem Blut nicht mehr so gut an die Zellen abgegeben werden kann. Zudem ist die Muskel- und Nervenerregbarkeit erhöht und Gefäße verengen sich vor allem im Bereich unseres Gehirns. Mögliche Ursachen können neben einer willentlichen Verursachung auch psychische Erregung (Angst, Aufregung, Schreck) und Sauerstoffmangel („Lufthunger“) sein. Symptome sind Kribbeln in Händen und Füßen, Schwindelgefühle, Sehstörungen, Benommenheit, Muskelzittern und Hitze-Kälte-Schauer.

Das Prinzip der Behandlung der Hyperventilation ist, den Partialdruck des CO2 im Blut zu erhöhen. Im einfachsten Fall erreicht man das mit Atempausen, am Boden kann man auch die sog. Rückatmung in eine vor den Mund gehaltene Plastiktüte durchführen. Im Flug ist das meist sehr schwierig, hier kann man zu einem einfachen Mittel greifen, dem Sprechen. Beim Sprechen atmet man zwangsläufig weniger Sauerstoff ein.
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2.4.3.3  Wie und wann sollst du ein Sauerstoffgerät verwenden?

Nutzung von und Umgang mit Sauerstoffgeräten

Oberhalb von 3500 m (über dem Meeresspiegel) wird Sauerstoff zum Fliegen verwendet. Prüfe vor dem Start, ob das Ventil der Flasche geöffnet und das System dicht ist. Achte darauf, dass Schläuche nicht abgeknickt werden und behalte den Druck deiner Flasche im Auge. Ein einwandfrei funktionierendes Sauerstoffsystem ist lebenswichtig.

2 4 Sauerstoff

Abb. 2.4.04  Mit der Stemme in der Welle, die Sauerstoffeinnahme erfolgt über Nasenbrillen

(Mit freundlicher Genehmigung - Team 6b)

Wenn die Anlage bei etwa 7000 m ausfällt, bist du nach zehn Minuten bewusstlos. In diesem Fall gibt es nur eines: so schnell wie möglich absteigen!  Herzklopfen, ein euphorisches Gefühl, blaue Nägel, Kribbeln an den Lippen und eine Unfähigkeit zu sprechen sind alles Anzeichen dafür, dass das System nicht richtig funktioniert. Wenn du eines dieser Symptome feststellst, breche den Flug sofort ab!

Stelle sicher, dass das Sauerstoffgerät sauber, fettfrei und trocken ist, bevor du es verwendest. Er sollte mit flugtauglichem Sauerstoff gefüllt sein. Feuchtigkeit im System kann aufgrund der niedrigen Temperatur in großen Höhen gefrieren und zu Fehlfunktionen des Geräts führen. Reinige die Schläuche und das Mundstück des Sauerstoffgeräts mit Alkohol (70 %). Öl oder Fett, das mit Sauerstoff in Berührung kommt, kann sich entzünden. Wenn du Fett auf deine Lippen oder Haut aufträgst und dann Sauerstoff verwendest, kann es zu Verbrennungen kommen.

Die gebräuchlichsten Sauerstoffregler, die im Segelflug verwendet werden, haben 2 Einstellungen: 2 oder 4xLiter Sauerstoff pro Minute. Dies sind die sog. Dauerstromsysteme. Zwischen 3500 und 5000 m musst du 2xLiter pro Minute verwenden und zwischen 5000 und 7000 m 4 Liter pro Minute. Für Flüge über 8000 m ist ein solches Sauerstoffsystem nicht geeignet: Dann sollte ein "on demand"-Sauerstoffgerät verwenden mit einer Maske.

Der Druck in einer vollen Sauerstoffflasche beträgt etwa 150 bar. Eine 4-Liter-Flasche kann dann 600 Liter Sauerstoff liefern. Bei einem Verbrauch von 2 Litern pro Minute kann dieser für maximal 5 Stunden genutzt werden. Bei maximal 4 Litern pro Minute kann er 2,5 Stunden lang betrieben werden.

Anker:  Hypoxie = Sauer0b; Gefährliche Grenzen = Sauer1; Hyperventilation = Sauer2b; Sauerstoffgerät = Sauer2c

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