2.3.3  Anspannung und Stress

 

Jeder, der zum ersten Mal alleine fliegen wird, ist angespannt. Für einen Prüfungsflug, einen Überlandflug oder einen Wettbewerb ist es normal, angespannt zu sein. Anspannung ist eine Form von Stress und eine kurze Stressphase ist natürlich und steigert die Leistung. du bist aufgeweckter und reagierst schneller. Der Körper reagiert auf Stress mit der Ausschüttung von dem Hormon Adrenalin. Blutzuckerspiegel, Herzfrequenz, Atmung, Blutdruck und Schwitzen werden gesteigert und der Stoffwechsel ist aktiver, da den Muskeln mehr Energie zugeführt wird.

 

Was verstehen wir unter „Stress" und warum ist Stress eine natürliche menschliche Reaktion?
Stress ist ein Gefühl von Druck oder Spannung, das durch äußere Einflüsse hervorgerufen wird. Der menschliche Körper reagiert auf veränderte Umstände. Im Falle einer Gefahr muss der Körper schnell reaktionsfähig sein, damit sofort Maßnahmen zum Überleben ergriffen werden können. Der Körper befindet sich in einem erhöhten Bereitschaftszustand. Normalerweise verbessert sich die Leistung mit zunehmender Belastung, aber es gibt einen Kipppunkt. Stress kann auch zu groß werden und sich negativ auswirken, der Pilot kann dann keine schnellen effektiven Entscheidungen treffen. Die Wahrscheinlichkeit von Fehlern steigt und der Pilot ist nur noch bedingt in der Lage das Flugzeug zu führen.

 

Was verstehen wir unter Kampf oder Flucht und was sind die drei Phasen der physiologischen Reaktion auf Stress?

Die Alarmreaktion:
Wenn du beim Laufen plötzlich einen bellenden Hund bemerkst, erschrickst du. Der Körper setzt Adrenalin frei, du kannst plötzlich schneller laufen und merkst einen Moment lang keine Ermüdung. Diese Fluchtreaktion ist Teil des menschlichen Überlebensmechanismus und der Körper kann mit dieser Art Stress gut umgehen.

Widerstandsfähigkeit:
In dieser Phase leisten wir Widerstand gegen den/die Stressor(en). Wir versuchen, den Stress in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel, durch Entspannungsübungen.

Erschöpfung:
Wenn der Stress zum Dauerzustand wird und es nicht gelingt ihn zu kontrollieren, tritt in dieser Phase eine Erschöpfung des Organismus ein. Das kann dann zum Beispiel zu erhöhtem Blutdruck, Kopfschmerzen oder Burn-out führen.

 

Was sind die verschiedenen Arten von Stress und worin bestehen die Unterschiede?
Neben kurzfristigen Stress haben wir auch chronischen Stress. Unter chronischem Stress versteht man anhaltenden Stress, der die Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Aufgrund von anderen Problemen, die uns bewegen und damit zu Stress führen schlafen wir schlecht, sind nicht fit und damit nicht flugtauglich.

 

Was sind wichtige Ursachen für Stress (Stressoren)?

Wir unterscheiden drei Arten von Stressoren.

Die physischen Umstände:
Stress durch die Umgebung, in der sich jemand befindet, wie z. B. extreme Temperatur, Lärm, Licht, relative Luftfeuchtigkeit, Änderungen des Luftdrucks und Sauerstoffmangel.

Die physiologischen Umstände:
Physischer Stress, Müdigkeit, Schlafmangel, zu viel Rauchen, ungesunde Ernährung, kurzum, sich nicht fit zu fühlen und gestresst zu sein.

Psychische Umstände:
Psychischer Stress, Probleme am Arbeitsplatz oder privater Natur.
Welche Faktoren beeinflussen das Ausmaß mit Stress umzugehen (Resilienz).
Du kannst Stress nicht vollständig verhindern. du kannst aber lernen, damit umzugehen. Ändere die Dinge, die du ändern kannst, und vermeide stressige Situationen. Eine stabile Gesundheit macht dich stressresistenter. Lerne, dich zu entspannen und treibe Sport.

 

Was sind die psychologischen und physiologischen Folgen von zu viel Stress?

Psychologische Folgen:
Zu viel Stress hat Auswirkungen auf das Verhalten und zeigt sich darin, dass du reizbar, verwirrt, aggressiv, depressiv sein kannst. du leidest an  Konzentrationsschwierigkeiten, Wahrnehmungs-störungen, vermindertes Kurzzeitgedächtnis, passiv werden, und hast vielleicht schon einen Tunnelblick.

Physiologische Folgen:
Zu viel Stress hat auch körperliche Auswirkungen: beschleunigte Herzfrequenz, hoher Blutdruck, schnellere Atmung, angespannte Muskeln.
Stress ist kumulativ und nicht unbedingt situationsspezifisch.
Stress kumuliert sich und der Körper unterscheidet nicht nach Stress im Arbeitsalltag oder im privaten Umfeld. In der Folge schläft man nicht gut, kommt nicht mehr zur Ruhe und irgendwann ist ein Niveau erreicht, bei dem der Pilot nicht mehr voll flugtauglich ist.
Was versteht man in der Luftfahrt unter dem Begriff "Bereitschaft" (Arousal)?
Was ist der Zusammenhang zwischen Erregung und Leistung?
Stress kann auch positiv sein, der Körper gerät in einen erhöhten Wachheitszustand. Arousal ist die erhöhte Wachsamkeit, der Zustand, in dem die Sinne eines Menschen für äußere Einflüsse offen sind. Dies verursacht eine höhere Wachsamkeit. So können wir schneller reagieren. Beim Fliegen musst du aufmerksam bleiben, insbesondere bei Start und Landung. Da hat zu viel Stress hat einen negativen Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit.

 

Grafische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Erregung und Leistung

Die Auswirkungen von Stress auf die Leistung. Die unten stehende Grafik zeigt, dass du bei einer bestimmten Menge an Stress für kurze Zeit eine bessere Leistung erbringen kannst. Die Wachsamkeit ist dann größer. Der Stress kann aber auch zu hoch werden und sich dann negativ auswirken.

 

 

Abb. 2.3.3.1 Erregung und Stress neu

Abb. 2.3.3.1  Erregung und Stress

Die Grafik zeigt, dass zu viel oder zu wenig Erregung (Wachsamkeit) nicht optimal ist. Wenn die Wachsamkeit sehr niedrig ist, schlafen wir fast ein. Der Leistungspegel ist dann sehr niedrig. Der höchste Zustand der Erregung ist Panik. Dies ist der Leistung nicht förderlich.

 

Der Zusammenhang zwischen Ermüdung, Stress und Leistung
Müdigkeit wirkt sich negativ auf unsere Leistung aus und trägt stark dazu bei, Fehler zu machen. Wir sind weniger aufmerksam, nehmen Dinge weniger klar wahr, sind weniger wach, empfindlicher für Täuschungen und weniger motiviert. Die Chance, Fehler zu machen, ist größer. Unter dem Einfluss von Stress wird die Neigung größer, Dinge zu überspringen und falsche Prioritäten zu setzen. Die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen, steigt.

 

Auswirkungen von chronischem Stress auf das menschliche System
Weniger Appetit, Müdigkeitsgefühl, häufigere Erkältungen, häufigere Übelkeit, weniger Lust auf Sex, größere Schmerzempfindlichkeit. Chronischer Stress kann zu Erschöpfungszuständen führen, die auch für längere Zeit behandlungsbedürftig sein können.

 

Die Wirkung von akutem Stress auf das menschliche System
Körperliche Symptome wie das Ansteigen der Herzfrequenz, des Blutdrucks und des Blutzuckerspiegels sind meist von kurzer Dauer und nach einer Nacht vollständig wieder verschwunden.

 

Die Beziehung zwischen Stress und Angst
Angst ist ein schlechter Ratgeber. Angst führt zu einem Tunnelblick. Ängste und bereits vorhandener Stress verstärken sich gegenseitig.

 

Die Auswirkungen von Angst / Furcht auf die menschliche Leistung
Angst sorgt dafür, dass wir gehemmt sind und keine optimale Leistung abrufen können. Wenn wir Herzklopfen in einer gefährlichen Situation spüren und uns die Lage überhaupt nicht gefällt, führt das leicht zur Überforderung und zu stark eingeschränkten Sinneswahrnehmungen.

 

Symptome von ungesundem Stress und Strategien zu deren Bewältigung

Symptome:
Negative Gedanken über sich selbst, Weinkrämpfe, nervöse Angewohnheiten, erhöhte Anzahl kleinerer Unfälle, zu schnelles Sprechen oder Nuscheln, ständige Müdigkeit, Schwächegefühl, zu viel Kaffee trinken, mehr rauchen, mehr trinken, usw.

Lösungsansatz:
Mehr entspannen, gesünder leben, eine Pause einlegen. Lehne dich zurück und entspann dich. Atme ruhig.
Wenn dies nicht hilft, führe ein Stresstagebuch und schreibe alles auf, was bei dir zu Stress führt und wie du darauf reagiert hast. Damit kannst du herausfinden, welche Situationen Stress verursachen und kannst dich besser darauf einstellen. Als Pilot kannst du dich auf einen Flug gut vorbereiten, damit kannst du auch Stress reduzieren. Versuch positiv in Lösungen zu denken.

 

Typische physiologische und psychologische Symptome der menschlichen Überlastung
Kopfschmerzen, schlechteres Sehen, erhöhte Herzfrequenz, verstärkte Atmung, Mundtrockenheit, Krämpfe, Schwitzen, kalte Hände und Füße, leichte Übelkeit, Muskelverspannungen, häufigerer Toilettengang als sonst.

 

Auswirkungen von Stress auf die Persönlichkeit
Aufgrund von Stress kann sich jemand verändern. Aggressivität und Suchtverhalten nehmen zu.

 

Strategien im Umgang mit Stressoren und zu viel Stress
Sobald du an dir Zeichen von Stress bemerkst solltest du anfangen über die Ursachen und mögliche Abhilfen nachzudenken. Versuche weiteren Stress zu vermeiden  - sich Sorgen zu machen reicht alleine nicht aus und stresst dich noch weiter. Suche aktiv nach den Ursachen, möglichen Abhilfen und hole dir Hilfe, falls nötig. Versuche Dinge, die du nicht ändern kannst, zu akzeptieren und einen Weg zu finden, sie ruhen zu lassen. Achte im Sinne einer Vorbeugung auf einen gesunden Lebenswandel, Regelmäßigkeit des Tagesablaufs, auf ausreichend Schlaf und verzichte auf Alkohol. Plane deinen Tagesablauf und meide Kaffee und andere Stimulanzien.

 

Was ist mit der Behandlung von Symptomen gemeint und welche Folgen kann das haben?

Symptomkontrolle:
Zu viel Alkohol, Rauchen, viel Essen, der Gebrauch von Drogen und Medikamenten sind keine effektiven Stressbekämpfer. Medikamente wie die Einnahme von Schlaftabletten bekämpfen zwar die Schlaflosigkeit, lösen aber nicht die Ursachen. Alle Medikamente haben unerwünschte Nebenwirkungen, eine Abhängigkeit kann die Folge sein.

 

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