6.3 Verhalten im Aufwind und Vorflug
Soaring techniques
Vorwort
Sicherheitsaspekte und Windeinfluss beim Thermikflug, Verhalten beim Hangfliegen
Thermikfliegen, also Verhalten im Aufwind und Vorflug sind kapitelüberschneidende Themen, daher wirst du ebenso interessante Ausführungen in
Die Technik des guten, zentrierten Thermikfliegens in einem Aufwind (auch Thermikbart, Bart oder Thermikblase genannt) erfordert von dir viel Übung und viel Erfahrung und ist ein stetiger Lernprozess. Das Fliegen in der Thermik erfordert zudem ein hohes Maß an Konzentration. Du musst das Segelflugzeug gut zentriert im Thermikbart halten; du hast auf weitere Segelflieger zu achten und du darfst den Flugplatz nicht aus den Augen verlieren.
In diesem Kapitel werden die folgenden Aspekte des Thermikflugs beschrieben:
- 6.3.1 Sicheres Fliegen in der Thermik
- 6.3.2 Windversatz berücksichtigen
- 6.3.3 Hangflug
- 6.3.4 Thermiksuche und weitere Literatur
6.3.1 Sicheres Fliegen in der Thermik
Grundregeln beim gemeinsamen Thermikkreisen
Nach ein paar Thermikflügen ist dir wahrscheinlich schon klar geworden, dass ein in einem starken Aufwind kreisendes Segelflugzeug wie ein Magnet auf andere Segelflugzeuge wirkt. Oft fliegen mehrere Segelflugzeuge im gleichen Thermikbart. Zur Vermeidung von Zusammenstößen mit anderen Segelflugzeugen müssen die Flugbewegungen im gleichen Aufwind aufeinander abgestimmt werden. Koordination ist wichtiger als gegenseitiges „Auskurbeln". Es gelten die folgenden wichtigen Regeln:
- Du nimmst die gleiche Drehrichtung wie das bereits im Bart kreisende Segelflugzeug ein.
- Du fliegst kontrolliert in den Bart ein und bleibst im Kreis möglichst gegenüber und im Sichtbereich des anderen Segelflugzeugs. In den Kreis hast du dich seitlich einzuordnen.
- Du hältst ausreichenden vertikalen Abstand zu anderen Segelflugzeugen.
- Du über- oder unterfliegst andere Segelflugzeuge nur mit großem vertikalen Abstand.
- Du überholst nicht innen.
- Du schaust so viel wie möglich nach draußen (Luftraumbeobachtung).
Inhalt:
- 6.3.1.1 Gleiche Drehrichtung
- 6.3.1.2 Gemeinsames Thermikfliegen
- 6.3.1.3 Fliege über oder unter einem anderen Segelflugzeug nur mit großem vertikalen Abstand
- 6.3.1.4 Niemals innen überholen
- 6.3.1.5 Luftraumbeobachtung
6.3.1.1 Gleiche Drehrichtung
Kreisrichtung bestimmt der erste Segelflieger, bei Annäherung zweier Aufwinde frühzeitig ausweichen
Der erste Segelflieger, der den Bart annimmt, bestimmt die Kreisrichtung. Alle anderen, die danach in den Bart einfliegen, nehmen die gleiche Drehrichtung wie der Segelflieger, der bereits im Bart kreist. Gleiche Kreisrichtung beim Kurbeln muss auch dann eingenommen werden, wenn zwischen zwei Segelflugzeugen eine ausreichende Höhendifferenz besteht, da ansonsten weiteren hinzukommenden Segelflugzeugen keine eindeutige Kreisrichtung vorgegeben ist. Manchmal siehst du während des Kreisens, dass ganz in der Nähe in einem anderen Bart ein weiterer Segelflieger auf gleicher Höhe kreist. Beim weiteren Steigen bemerkst du, dass sich beide Bärte immer näherkommen und zusammenrücken.
- Denke immer voraus
- Vermeide die Gefahr eines Zusammenstoßes.
- Weiche aus, bevor es zu einer gefährlichen Situation kommt
6.3.1.2 Gemeinsames Thermikfliegen
Genügend Abstand und Sichtkontakt halten, nicht überholen, abrupte Manöver vermeiden
Fliegst du zu einem bereits kreisenden Segelflugzeug in den Bart ein, achte darauf, es nicht zu behindern. Kreise den anderen Segelflugzeugen gegenüber in den Bart ein und halte möglichst Sichtkontakt. Winke dem Piloten zu; tut er das auch, kannst du sicher sein, dass er dich gesehen hat. Besonders beim Thermikfliegen gilt die goldene Regel: So viel wie möglich rausschauen!
Fliege in einem Thermikbart immer so, dass alle Flugzeuge genügend Platz haben und jeder den anderen sehen kann, bleibe möglichst gegenüber dem anderen Segelflugzeug.
Hast du das Gefühl, dass dich andere Segelflieger schlecht oder nicht sehen, kannst du, um einer eventuellen Kollisionsgefahr vorzubeugen, „Fläche“ zeigen. Du kannst deine sichtbare Silhouette vergrößern, indem du z.B. deine Querneigung erhöhst.
Wenn du schneller als dein Vordermann oder mit einer kleineren Kreisbahn fliegen würdest, würdest du hinter den Vordermann geraten, so dass er dich nicht mehr sehen könnte. Das darf dir nicht passieren. Du musst Drehgeschwindigkeit und Kreisbahn den anderen Fliegern anpassen und darfst auf keinen Fall innerhalb des Kreises überholen, auch wenn du dort besseres Steigen vermutest.
- Bei geringem Höhenabstand sind möglichst gleiche Kreisbahnen zu fliegen, um Überschneidungen zu vermeiden.
- Es ist stets so zu fliegen, dass man sieht und gesehen wird. Die eigene Position ist immer so zu wählen, dass Sichtkontakt mit den Mitfliegern besteht. Es darf nicht im toten Winkel, bezogen auf die Sicht des Mitfliegers, geflogen werden. Besondere Rücksicht erfordern Flugschüler und ungeübte Piloten.
- Bei Annäherung im thermischen Kreisflug muss der sich von hinten nähernde Pilot für einen ausreichenden Sicherheitsabstand sorgen.
- Die Anzahl und die Position der Segelflugzeuge, mit denen man zusammen fliegt, sollte stets kontrolliert und überwacht werden.
- Vor Richtungsänderungen nach links und rechts sowie nach unten und oben ist der Luftraum zu überprüfen.
- Das Hochziehen in eine Gruppe kreisender Segelflugzeuge oder das knappe Überfliegen Anderer ist unbedingt zu vermeiden.
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Überraschende, abrupte Flugmanöver in der Gruppe sind zu vermeiden. Die eigenen Flugbewegungen sollten für die Mitflieger stets berechenbar bleiben.
6.3.1.3 Fliege über oder unter einem anderen Segelflugzeug nur mit großem vertikalen Abstand
Mindestens 50 Meter Abstand halten, genug Platz lassen und beim Verlassen des Barts nach außen wegfliegen
6.3.1.4 Niemals innen überholen
Kreisbahn und Tempo den anderen Fliegern anpassen, nie innen überholen, bei zu geringem Abstand Bart verlassen
Nicht überall im Bart ist das Steigen gleich gut. Bist du alleine im Bart, kannst du deinen Flugweg so legen, dass du im optimalen Steigen fliegst. Fliegst du mit mehreren im Bart, hast du diese Freiheit nicht. Du musst Drehgeschwindigkeit und Kreisbahn den anderen Fliegern anpassen und darfst auf keinen Fall innerhalb des Kreises überholen, auch wenn du dort besseres Steigen vermutest.
6.3.1.5 Luftraumbeobachtung
Sicherheitsregeln beim gemeinsamen Kreisen
Die Hauptregel für sicheres Thermikfliegen ist der Blick nach draußen. Die Ablenkung durch die Bedienung hochentwickelter Bordinstrumente (z.B. Streckenflugrechner, GPS, Logger) oder durch die Betätigung von Mückenputzern muss so gering wie möglich gehalten werden. Grundsätzlich müssen Sichtbehinderungen vermieden werden (z.B. Kartenspiegelungen in der Haube oder durch eine schmutzige Kabinenverglasung). Sonnenhüte mit breitem Rand oder mit großem Schirm dürfen nicht verwendet werden. Geeignete Sonnenbrillen können die Erkennbarkeit anderer Luftfahrzeuge verbessern helfen und die Augen schonen. Auch in kleineren Gruppen darf die Zusammenstoßgefahr nicht unterschätzt werden.
Es ist für alle besser, nicht bis in die Nähe der Wolkenbasis zu steigen, als das Risiko einer gefährlichen Situation einzugehen. Zudem musst du den gesetzlich vorgeschriebenen Wolkenabstand unbedingt einhalten. Wenn du nicht bereit bist, dich an das Verhalten der anderen Flugzeuge im Bart anzupassen, verlasse den Bart. Dies gilt auch für das oberste Segelflugzeug, das in den Bart eingeflogen ist. Thermikbärte haben keinen Besitzer. Sowohl beim normalen Fliegen als auch beim Thermikfliegen gibt es die Regel, dass du einen ausreichenden vertikalen Abstand einhalten musst, bevor du über oder unter einem anderen Luftfahrzeug fliegst. Dieser Abstand sollte mehr als 50m betragen. Fliege auch nicht über jemanden hinweg, denn wenn du oben fliegst, kannst du den unteren Piloten nicht sehen. Steigt der untere schneller, kann es zu einer gefährlichen Situation kommen. Fliege im Aufwind so, dass du die anderen Flugzeuge gut sehen kannst (und die anderen dich). Willst du den Bart verlassen, verlagerst du deinen Kurs deutlich nach außen und fliegst eine Weile geradeaus, so dass andere Segelflugzeugführer deutlich sehen können, dass due den Bart verlässt.
Wenn du etwas Erfahrung im Thermikfliegen gewonnen hast, wirst du feststellen, dass es sich für einen optimalen Vorflug im Streckenflug nicht immer lohnt, bis in die Nähe der Wolkenbasis zu steigen. Es gibt Wetterlagen, bei denen sich die besten Steigwerte weit unterhalb der Wolkenbasis befinden. Dadurch ist es für den optimalen Streckenflug sinnvoller, in diesem Höhenband zu fliegen. Du musst dir diese optimale Höhe jeden Tag selbst erfliegen. Studiere vor dem Flug auch die Thermikwettervorhersagen der Wetterdienste. Sie geben sehr gute Hinweise und Tagesprognosen auf die Güte der Steigwerte in unterschiedlichen Höhen.
Besonders beim gemeinsamen Fliegen in der Thermik gilt die Hauptregel, so viel wie möglich nach draußen und so wenig wie nötig auf die Instrumente zu schauen. Anhand der vertikalen Bewegungen eines dir gegenüber kreisenden Segelflugzeugs kannst du erkennen, wo höhere oder geringere Steigwerte sind. Nicht überall im Bart ist das Steigen gleich gut. Bist du alleine im Bart, kannst du deinen Flugweg so legen, dass du im optimalen Steigen fliegst. Fliegst du mit mehreren im Bart, hast du diese Freiheit nicht und musst dich oft mit geringeren Steigwerten zufrieden geben.
6.3.2 Windversatz berücksichtigen
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Was ist zu Beachten
Grundregeln für das Kreisen bei Wind, Faustregel für den Höhenverlust pro Entfernungskilometer
Du teilst deinen Flug so ein, dass du jederzeit sicher den Flugplatz erreichst. Grundlage hierfür ist der Flugauftrag (ggf. schriftliche Flugauftrag) deines Fluglehrers. Durch den Wind kannst du schnell vom Flugplatz versetzt werden und dann brauchst du zusätzliche Höhe, um über eine Strecke von z.B. 5 km gegen den Wind zurück zu deinem Flugplatz zu fliegen. Wie hoch du dafür sein musst, ist abhängig von:
- deinem Segelflugzeug; Hochleistungssegelflugzeuge benötigen deutlich weniger Höhe als ein Schulflugzeug für die gleiche Strecke);
- Windrichtung und Windstärke (gegen den Wind hast du eine viel geringere Geschwindigkeit über Grund als mit Rückenwind);
- eventuellen Abwindgebieten;
- deiner Erfahrung.
Eine einfache und sichere Berechnung für Anfänger ist die "eins zu zehn"-Regel. Für jeden Kilometer von deinem Flugplatz solltest du 100 m Höhe reservieren. Hinzu kommen noch 200 m Höhe, die du an der Position für den Landeanflug benötigst. In einer Entfernung von 5 km vom Flugplatz solltest du demnach dann mindestens 700 m Höhe haben. Wenn du zurückfliegst, fliegst du durch Bereiche mit erhöhtem Sinken und Steigen. Wenn du die Abwindbereiche mit erhöhter Geschwindigkeit und die Aufwindbereiche mit normaler Geschwindigkeit durchfliegst, verbrauchst du weniger Höhe.
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6.3.2.1 Zurückfliegen zum Landefeld
Einstellung und Nutzung des McCready-Rings zur Ermittlung der optimalen Vorfluggeschwindigkeit
Situation 1: Geringster Höhenverlust bei Windstille (Abbildung links)
Auf dem Ring siehst du eine eingravierte Dreiecksmarke, die du in diesem Fall auf 0 m/s drehst (linkes Bild in der Abbildung). Bei jedem Auf- und Abwindgebiet zeigt nun die Nadel des Variometers auf die optimale Vorfluggeschwindigkeit, die du auf dem Ring ablesen kannst. Dieser Geschwindigkeit folgst du ungefähr, d.h. wenn das Variometer 2 m/s Sinken anzeigt und der McCready Ring etwa 120 km/h empfiehlt, solltest du keine 90 km/h fliegen. Auf diese Weise kommst du mit der größtmöglichen Höhe zum Platz zurück.
Situation 2: Geringster Höhenverlust bei Gegenwind (Abbildung rechts)
Möchtest du bei stärkerem Gegenwind so hoch wie möglich am Landefeld oder dem nächsten Thermikbart ankommen, drehst du den McCready-Ring auf etwa einen halben Meter Steigen (rechtes Bild in der Abbildung). Das Variometer empfiehlt nun eine etwas höhere Geschwindigkeit und du kommst höher an. Den McCready-Ring benutzt man hauptsächlich beim Überlandfliegen.
6.3.3 Hangflug
Die ursprüngliche Form des Segelfliegens, wichtige Grundregeln
Der Hangflug
Geschichtliches zum Hangfliegen Der Hangflug ist die „erste Form des Segelfliegens“. Schon Otto Lilienthal machte sich 1893 den Hangwind zunutze, der gegen seinen Übungshügel „Fliegeberg“ in Berlin anblies.
Dadurch konnte er seine Luftsprünge schließlich auf über 300xm ausdehnen und kurzzeitig höher fliegen, als sein Startplatz gelegen war. Das unterscheidet nach heutiger Definition den "Segelflug" vom "Gleitflug".
In den Anfängen des Segelflugs erlebten viele Flieger ihre ersten längeren Flüge an den Hängen ihrer Segelfluggelände und Startstellen. Gelandet wurde dann im Tal. Eine Landung oben am Hang in der Nähe der Startstelle, war meistens den erfahrenen Piloten vorbehalten. |
6.3.3.1 Das Verhalten beim Hangfliegen
Ausweich- und Sicherheitsregeln
Zur Vermeidung von Zusammenstößen mit anderen antriebslosen Luftfahrzeugen müssen die Flugbewegungen im gleichen Aufwindgebiet aufeinander abgestimmt werden.
Der Mindestabstand vom Hang wird durch die Aufwindverteilung mitbestimmt und sollte mindestens eine Spannweite betragen.
Die Mindestfluggeschwindigkeit sollte nicht unter der empfohlenen Geschwindigkeit für den Landeanflug liegen. (gelbes Dreieck) Bei möglichen Turbulenzen sind sichere Geschwindigkeitsreserven einzuhalten.
Wendekurven sind grundsätzlich vom Hang weg zu fliegen und sollten zweckmäßig im Bereich des besten Steigens erfolgen.
Überholen ist generell nur auf der vom Hang abgewandten Seite gestattet
Vor Richtungsänderungen nach links und rechts sowie nach unten und oben ist der Luftraum zu überprüfen. Das Hochziehen in einer von Gruppe von Luftfahrzeugen, oder das knappe Überfliegen Anderer ist unbedingt zu vermeiden.
Überraschende, abrupte Flugmanöver sind zu vermeiden.
Der Anflug zum Hang hat so zu erfolgen, dass keine Hangflugbahn geschnitten wird. Bei Annäherung an den Hangflugbereich muss der sich von außen nähernde Pilot für einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu anderen Luftfahrzeugen sorgen.
Vollkreise im Hangflugbereich sind nur mit sicherem Abstand vor dem Hang erlaubt und wenn eine Gefährdung anderer Luftfahrzeuge ausgeschlossen ist.
Die Ablenkung durch die Bedienung hoch entwickelter Bordinstrumente (z.B. Streckenflugrechner, GPS, Logger) oder durch die Betätigung von Mückenputzern sollte bei bodennahem Fliegen am Hang vom Selbsterhaltungstrieb ohnehin ausgeschlossen sein.
Beim Hangflug im Bereich einer Flugplatzverkehrszone sind eventuell vorhandene örtliche Regelungen zu beachten.
6.3.4 Thermiksuche und weitere Literatur zum Streckenfliegen
Das Suchen und Finden von Thermik und die Taktik beim Thermikkreisen und des Streckenfliegens ist ein umfangreiches Thema und Inhalt verschiedener Fachbücher, die u.a. von sehr erfahrenen Streckenflugpiloten geschrieben wurden. Vor allem, wenn du regelmäßig Streckenflüge machen möchtest, solltest du dir das für dich passende Lehrbuch über Streckenflugtaktik aussuchen.
Näheres zum Thema Thermiksuche findest du auch im Kapitel 7.3.2 Streckensegelflugvorbereitung und Streckenflugdurchführung unter Punkt 2. Überlandflug – Technik und Taktik des Thermik- und Streckensegelflugs.
Anker: Drehrichtung = Vaufwi1; Gemeinsam = Vaufwi2; über-unter = Vaufwi3; überholen = Vaufwi4; Luftraumbeobachtung = Vaufwi5; Windversatz = Windversatz; Hangflug = Hangflug; thermiksuche = T-Suche-Lit
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