9.5 Terrestrische Navigation
Inflight navigation
Das Kapitel ist in nachfolgende Abschnitte unterteilt:
Vorwort
Vorwort
Unter Terrestrischer Navigation ist die Zuordnung von markanten Karteninformationen an die Ansicht der Natur im Flug zu verstehen. Für den Anfänger erscheint dies zunächst sehr verwirrend und schwierig, aber mit ein wenig Vorbereitung und Übung gelingt die Zuordnung von markanten Punkten, Flächen und sonstigen Informationen recht schnell. Hierbei ist es wichtig zunächst nicht zu sehr ins Detail zu gehen da die Übersicht des Gesamtbildes sonst schnell verloren geht. Man navigiert also zunächst grob und verfeinert nur soweit möglich und sinnvoll. Ein typischer Fehler bei der Suche eines Landeplatzes auf einem Überlandflug mit dem Motorsegler (TMG) ist z.B., dass der Flugschüler genau auf Kurs fliegt und sich so, wie eigentlich geplant, genau über dem Landeplatz befindet welchen er aber in dem Moment gar nicht sehen kann da er sich ja genau unter ihm befindet.
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9.5.1 Vorbereitung auf den Flug
Grundlage hierzu ist immer die aktuelle ICAO Karte. Zunächst werden die geplanten Flugabschnitte mit Kurs und Entfernung aus der ICAO Karte in einen Flugdurchführungsplan übertragen werden.
Es gibt hier das sehr gut geeignete Formular des LBA welches im Kapitel "Unterrichtsmaterial Navigation" hinterlegt ist. Auch die Suche im Internet ist möglich, einfach „Flugdurchführungsplan VFR“ eingeben. Sehr detaillierte weiterführende Informationen zur Nutzung des LBA Flugdurchführungsplanes findet man im Kapitel 7.3.1 Flugdurchführungsplan und Flugvorbereitung und es gibt dazu auch die nach wie vor aktuelle FSM 1/87. Natürlich sind auch andere Formulare verwendbar, z.B. findest du unter FL95.de eine recht komfortable online Lösung.
All dies gilt speziell für die Flugvorbereitung mit dem Motorsegler (TMG).
Man kann natürlich auch seine eigene Tabelle erstellen insbesondere beim reinen Segelflug, da hier das LBA Formular sicher ein wenig zu hoch gegriffen ist.
Abb. 9.5.1 LBA Flugdurchführungsplan VFR
Wie auch immer man vorgeht, es gilt den Flug in kurze überschaubare Abschnitte (Legs) aufzuteilen, wobei die einzelnen Wendepunkte ca. 30 Minuten Flugzeit auseinanderliegen sollten und aus der Luft einfach und eindeutig identifizierbar sind. Und es ist sicher zumindest am Anfang sehr hilfreich, wenn man die Gegend in der man sich befindet auch vom Boden aus kennt.
9.5.2 Auswahl von Wendepunkten und Leitlinien
Was zeichnet einen guten Wendepunkt aus?
Er muss in der Karte vorhanden sein und sollte gut und von weitem sichtbar sein, unverwechselbar und markant.
Dies sind insbesondere: Städte, Seen (auch kleine), markante Kirchen, Fernmeldetürme, markante größere Gebäude und Ruinen, Autobahnkreuz oder -Abfahrt, Bahnhof, einzelne markante Windräder. Auch markante Waldgebiete sind als Flächen manchmal durchaus gut zur Navigation geeignet.
Vorsicht geboten ist bei Windrädern insbesondere Windparks, welche oft als einzelnes Windrad in der Karte eingezeichnet sind und in den letzten Jahren regional sehr unterschiedlich verstärkt gebaut werden.
Was sind Leit- und Auffanglinien?
Wie der Name Leitlinie schon aussagt sind das linienförmige Navigationsmerkmale welche ungefähr parallel zum Kurs liegen und in bequemer Sichtweite sind. Gute Beispiele hierfür sind Autobahnen und Schnellstraßen, Flüsse oder Eisenbahnlinien. Dazu kommen größere Seen, Küstenlinien, Kanäle usw. Aber Vorsicht vor Autobahnen z.B. im Ruhrgebiet. Wenn es zu viele davon gibt ist die Verwechselungsgefahr groß. Auch Bundes- und Staatsstraßen eignen sich meist nicht, die Verwechselungsgefahr ist einfach zu groß.
Auffanglinien liegen dagegen quer zum Kurs nahe eines Wendepunktes und dienen dazu ein unbemerktes Überfliegen des Wendepunktes zu vermeiden.
9.5.3 Orientierungsverlust
Falls dann doch mal die Orientierung verloren gegangen ist fliegt man am besten auf Kurs zur nächsten Auffang- oder Leitlinie unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Flugzeit weiter.
9.5.4 Entfernungs- Geschwindigkeits- und Zeitabschätzung
Die ICAO Karte hat bekanntlich einen Maßstab von 1:500 000. Das bedeutet 2 cm (gute Daumenbreite) auf der Karte entsprechen 10 km in der Natur.
Die Geschwindigkeit kann recht einfach und überschlagsmäßig im Kopf umgerechnet werden. Fliegt man mit 60 km/h legt man pro Minute Flugzeit einen Kilometer zurück. Bei:
90 km/h sind dies 1,5 km/Minute
120 km/h - 2,0 km/Minute
usw.
Praktisches Beispiel aus Kapitel 9.4
Dreiecksstreckenflug von Aichach über Wendepunkte Stillberghof, Eichstätt zurück nach Aichach.
Abb. 9.5.2 ICAO Karte Ausschnitt Blatt München
1. Abschnitt Aichach - Stillberghof
Leitlinie und Auffanglinien sind die Flüsse Lech und Donau. Im ersten Streckenabschnitt ist ein markanter Punkt der Fernmeldeturm westlich des Kurses in der CTR Augsburg, er dient auch dazu einen ungewollten Einflug in die CTR Augsburg zu vermeiden. Im weiteren Flug stehen zwei Windräder wobei das Östliche genau auf Kurs ist und dabei fast genau mittig zum ersten Wendepunkt steht. Spätestens beim Überflug des Lechs kann man gut den Verkehrslandeplatz Donauwörth- Genderkingen mit der Asphaltpiste in West-Ost Ausrichtung erkennen, nach dem Überflug der Donau ist das Segelfluggelände Stillberghof jedoch deutlich schwieriger zu identifizieren (Halle bzw. Segelflugzeughänger), es befindet sich in ca. 2 km nordöstlich der Donaubiegung nach links. Zu beachten ist hier auch die RMZ des Hubschrauberwerks Donauwörth, hier ist man im in der Regel aber deutlich höher.
2. Abschnitt Stillberghof - Eichstätt
Der Weiterflug Richtung Eichstätt gestaltet sich navigatorisch zunächst deutlich anspruchsvoller. Ein einsames Windrad steht ca. 13 km hinter Stillberghof sehr nahe an einer Staatsstrasse direkt auf der Kurslinie, von dort sollten die Orte Wellheim und Dollnstein links des Kurses erkennbar sein, rechts davon liegt der Ort Rennertshofen nahe an der Donau. Dollnstein selbst liegt an der Altmühl welche gleichermaßen als Leit- und Auffanglinie und direkt nach Eichstätt führt. Die Stadt Eichstätt selbst ist an der Willibaldsburg deutlich zu erkennen, und der Flugplatz mit Graspiste selbst liegt auf einem Hochplateau rechts neben der Willibaldsburg in West-Ost Ausrichtung.
3. Abschnitt Eichstätt – Aichach
Von Eichstätt aus geht’s in grober Richtig Süd zur Donau. Hier ist ein markanter Turm sichtbar und links davon klar die Stadt Neuburg an der Donau zu identifizieren. Es ist rechtzeitig ca. 5 km vor dem Überflug der Donau auf die Kontrollzone Neuburg zu achten. Ca. 4 km südlich der Donau wird leicht links des Kurses der NATO Flugplatz Neuburg mit seiner 3 km langen Piste erkennbar. Danach erfolgt der Überflug des Donaumooses mit wenig markanten Punkten, wobei bereits ab hier auf den Luftraum Charlie München geachtet werden muss, welcher von zunächst FL 85 über FL 65 kontinuierlich weiter absinkt. Links des Kurses wird hinter dem Waldgebiet die Stadt Schrobenhausen sichtbar, die Bahnlinie von Schrobenhausen kommend führt als Leitlinie dann direkt nach Aichach, der Flugplatz selbst befindet sich ca. 1 km östlich der Bahnlinie direkt am Nordrand der Stadt.
Anker: Vorbereitung= TN951; Auswahl= TN952; Orientierung= TN953; Entfernung= TN954
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