5.1.3 Dreidimensionale Strömung um Flügel und Rumpf
Unendlich lange Flügel haben unsere Segelflugzeuge natürlich nicht. Auch die allergrößten kommen über eine Spannweite von 30 m (Eta, Button drücken) kaum hinaus, irgendwo ist der Flügel zu Ende. Und damit ist die Sache nicht mehr zweidimensional, sondern dreidimensional.
Dieses Kapitel enthält zwei Abschnitte
- 5.1.3.1 Strömungsfeld
- 5.1.3.2 Induzierter Widerstand
5.1.3.1 Strömungsfeld
Der Flügel des Segelflugzeugs, dessen Vorderansicht du hier siehst, soll einen trapezförmigen Grundriss haben und nicht geschränkt sein, d.h. er ist in sich weder verwunden noch ändert sich das Profil über der Spannweite. (In Abschnitt 5.6.3 erfährst du mehr zur Flügelschränkung.)
Du stellst dir vor, dass der Flügel in lauter schmale Streifen mit der Breite Δb aufgeteilt ist. Die Größe des Auftrieb ΔA, die ein bestimmter Streifen erzeugt, ist abhängig von der Flügeltiefe an dieser Stelle.
Folglich müsste sich der Auftrieb über der Spannweite so verteilen, so wie mit der blauen Linie auf dem Bild dargestellt.
Das geht aber nicht so ohne weiteres, jedenfalls nicht bei den üblichen Flügelgrundrissen und auch nicht beim Trapezflügel.
Du erinnerst dich:
Der Auftrieb entsteht durch unterschiedliche Drücke auf Flügelober- und Unterseite – das gilt auch für jeden Streifen unseres aufgeteilten Flügels.
Die Natur sorgt selbst dafür, dass der Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite am Randbogen Null wird. Dem folgt die Auftriebsverteilung über der Spannweite.
Leider ist es nur mit sehr großem Aufwand möglich, Ellipsenflügel zu bauen. Deren sphärische Oberfläche glatt, wellenfrei und profilgetreu zu schleifen, ist mit den heutigen Fertigungsmethoden fast nicht möglich. Daher sind die Konstrukteure bestrebt, Flügelgrundrisse aus Trapezsegmenten so zusammenzusetzen, dass sie einen elliptischen Grundriss bestmöglich annähern. Dies gelingt erstaunlich gut.
Nun strömt Luft immer vom hohen Druck zum tiefen Druck. Deswegen entsteht auf der Flügeloberseite eine Querströmung Vq in Richtung Rumpf und auf der Unterseite in Richtung Flügelspitze. Die Stärke der Querströmung nimmt zur Flügelspitze hin immer mehr zu.
An der Hinterkante treffen die Strömungen der Ober- und der Unterseite wieder zusammen, haben aber unterschiedliche Richtungen. Die Folge ist eine spiralförmig verwirbelte Wirbelschleppe hinter dem Flügel.
Einfluss des Rumpfs
5.1.3.2 Induzierter Widerstand
Wie entsteht der Auftrieb?
Wir hatten uns dies mit den unterschiedlichen Druckverhältnissen auf Flügelober- und -unterseite erklärt.
Es geht aber auch anders.
Wenn sich ein Flügel durch die Luft bewegt, lenkt er die Strömung nach unten ab. Sieh dir nochmal die beiden letzten Bilder an – mit ihnen wird dir klar, dass das tatsächlich so ist. (Buttons drücken)
Wir können auch sagen, Luft wird vom Flügel nach unten beschleunigt. Dazu ist laut dem zweiten Newtonschen Gesetz eine bestimmte Kraft erforderlich. Außerdem (Newton 2) hat eine Kraft immer eine Gegenkraft. Und damit sind wir beim Auftrieb:
Änderung der Anströmrichtung durch das Wirbelsystem
Influence of tip vortices on the angle of attack
Induzierter Anstellwinkel
The induced local α
Der Winkel zwischen der der örtlichen Anströmung Vö und der Anströmung V weit vor dem Flügel ist der induzierte Anstellwinkel αi . Wenn du dir die Abbildung ansiehst, erkennst du folgenden Zusammenhang:
Änderung der Richtung des Auftriebsvektors infolge des induzierten Anstellwinkels
Influence of induced angle of attack on the direction of the lift vector
In Abb. 5.1.3.2.1 (Entstehung des induzierten Widerstands) ist die Kraft R eingetragen. Sie steht senkrecht zur Anströmrichtung Vö, ist also die Auftriebskomponente der an dieser Stelle von Vö erzeugten Luftkraft.
Definitionsgemäß steht der Auftrieb aber senkrecht zur ungestörten Anströmung V. Wir müssen also wie in der Abbildung dargestellt die Kraft R so zerlegen, dass die eine Komponente – der Auftrieb – senkrecht auf V steht. Dann ergibt sich eine zweite Komponente parallel zu V, also eine Widerstandskraft: der induzierte Widerstand Wi.
Damit haben wir den induzierten Widerstand quantifiziert, d. h. ein Aerodynamiker könnte berechnen, wie groß er ist. Du brauchst dich nicht mehr mit der etwas nebulösen Erklärung zufrieden zu geben, der induzierte Widerstand stecke in der Energie der Randwirbel. Das ist schon richtig, aber wie er wirkt bleibt im Dunkeln.
Induzierter Widerstand und Anstellwinkel
Induced drag and angle of attack
Der induzierte Widerstand wird bei hohen Auftriebsbeiwerten – also großen Anstellwinkeln – gegenüber den anderen Widerstandsarten (siehe nächster Abschnitt) dominierend. Er ist also besonders groß, wenn das Flugzeug langsam fliegt. Bei höheren Geschwindigkeiten fällt er immer weniger ins Gewicht, da der Auftriebsbeiwert und mit ihm der Anstellwinkel immer kleiner wird.
Dies gilt selbstverständlich auch für die Randwirbel. Sie sind bei großen Anstellwinkeln am kräftigsten, also beim Start und bei der Landung.
Die Randwirbel verschwinden nicht nach wenigen Sekunden, sondern sie können einige Minuten in der Luft stehen bleiben. Halte also (sehr!) großen Abstand.
Anker: Induzierter Widerstand: gdf3di2:
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