5.1.1 Grundlagen
Wenn die Luftmoleküle mit der Oberfläche eines Gegenstands oder miteinander kollidieren, ändern sie ihre Richtung. Die Stöße dieser unzähligen Moleküle gegen die Oberfläche verursachen eine bestimmte Kraft auf eine festgelegte Fläche der Wand dieses Gegenstands, z.B. einen Quadratzentimeter. Die Kraft, die so auf eine Flächeneinheit wirkt (z.B. auf besagten Quadratzentimeter) ist der Luftdruck. Hieraus geht hervor, dass der Luftdruck immer gegen eine Wand wirkt, nie an ihr „zieht“. Auch auf die Oberseite eines Flügels drückt der Luftdruck, nur eben in geringerem Maße als auf die Unterseite.
Wenn trotzdem von „Unterdruck“ oder gar von „Sog“ die Rede ist, kommt das daher, dass man sich dann auf den herrschenden Normaldruck bezieht. Verglichen mit diesem kann der örtliche Druck größer sein (Überdruck) oder kleiner (Unterdruck). Der absolute Druck ist aber immer positiv.
Der Druck wird mit dem Buchstaben p bezeichnet, seine Einheit ist 1 Pascal (1 Pa = 1N/m²).
Der Luftdruck in der Atmosphäre ändert sich ständig und hängt unter anderem von der Höhe über dem Meeresspiegel ab.
- 5.1.1.1 Luftdichte
- 5.1.1.2 Statischer Druck, Staudruck und Gesamtdruck
- 5.1.1.3 Wahre und angezeigte Geschwindigkeit
- 5.1.1.4 Kontinuitätsgesetz
- 5.1.1.5 Gesetz von Bernoulli
- 5.1.1.6 Die Entstehung von Luftkräften an Oberflächen
- 5.1.1.7 Profilgeometrie
- 5.1.1.8 Tragflügelgeometrie
5.1.1.1 Luftdichte
Die Luftdichte ist die Masse der Luft pro Volumeneinheit. Sie wird mit dem griechischen Buchstaben ρ (rho) bezeichnet. In der Standardatmosphäre beträgt die Luftdichte in Meereshöhe ρ0 = 1,225 kg/m³. Das bedeutet, dass auf Meereshöhe 1 m³ Luft eine Masse von 1,225 kg hat.
Die Dichte der Luft nimmt mit der Höhe ab. In 2000 m Höhe beispielsweise ist sie auf 1,01 kg/m³ gesunken.
Abb. 5.1.1.1.1 Luftsäule
5.1.1.2 Statischer Druck, Staudruck und Gesamtdruck
Wenn du im Flug die Hand aus dem Schiebefenster hältst, spürst du die Anströmung. Die Kraft kommt vom Luftdruck, aber die Ursache liegt in der zusätzlichen, gerichteten Bewegung der strömenden Luftmoleküle. Wir müssen also unterscheiden:
Wenn die Luft stillsteht, bewegen sich die Moleküle zufällig hin und her und verursachen dadurch einen bestimmten Druck. Diesen Druck, dessen Größe in erster Linie die Schwerkraft bestimmt (siehe Abb. 5.1.1.1 Bewegung der Luftteilchen), nennen wir den statischen Druck.
Wenn der Fahrtwind auf das Flugzeug trifft, oder – was das Gleiche ist – wenn sich das Flugzeug mit einer entsprechenden Geschwindigkeit durch die Luft bewegt, dann kommt zu dieser Hin- und Herbewegung die Strömungsgeschwindigkeit. Den durch die Strömungsbewegung verursachten Druck nennen wir den dynamischen Druck oder den Staudruck.
Die Summe aus beiden Drücken, also aus statischem Druck und Staudruck, ist der Gesamtdruck.
Wenn du Drücke messen willst, musst du auf die Richtung der Messöffnung achten.
- Nur in ruhender Luft ist die Messrichtung egal, du misst immer den statischen Druck.
- Bei strömender Luft muss die Messöffnung quer zur Strömungsrichtung orientiert sein, damit du den statischen Druck messen kannst.
- Wenn die Messöffnung in Strömungsrichtung orientiert ist, erhältst du die Summe aus statischem Druck und Staudruck, nämlich den Gesamtdruck.
Das heißt, du musst vom gemessenen Gesamtdruck den statischen Druck abziehen, um den Staudruck zu erhalten. Direkt messen lässt er sich nicht.
5.1.1.3 Wahre und angezeigte Geschwindigkeit
Die in Abb. 5.1.1.4.1 (Strömung bei Querschnittsänderung, Button drücken) dargestellte Messanordnung wird für die Fahrtmesseranzeige benutzt. Der Fahrtmesser entspricht dem U-Rohr.
Deswegen müssen wir akzeptieren, dass die auf dem Fahrtmesser abzulesende Geschwindigkeit nicht die tatsächliche Geschwindigkeit ist. Wir unterscheiden:
- Die angezeigte Geschwindigkeit (indicated airspeed IAS) ist die Geschwindigkeit, die ein Staudruck-Fahrtmesser anzeigt, der für Normalatmosphäre/Höhe Null geeicht ist.
- Die wahre Geschwindigkeit (true airspeed TAS) ist die Geschwindigkeit eines Luftfahrzeugs in ruhender Luft.
5.1.1.4 Kontinuitätsgesetz
Nach dem Kontinuitätsgesetz bleibt der Massenstrom konstant, wenn die Luft durch ein (reales oder imaginäres) Rohr strömt. Unter Massenstrom verstehen wir, welche Luftmenge (in kg) sich pro Sekunde durch einen Querschnitt bewegt. Der Massenstrom, der in das Rohr eintritt, ist der gleiche wie der Massenstrom, der austritt.
Wenn bei kleiner werdendem Durchmesser die gleiche Luftmenge durch das Rohr strömt, muss die Geschwindigkeit der Luft zunehmen. Wird der Rohrdurchmesser größer, muss die Geschwindigkeit abnehmen. Wenn der Querschnitt des Rohres halb so klein ist, wird die Geschwindigkeit doppelt so groß. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Luft nicht kompressibel ist. Bei Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h stimmt diese Annahme sehr gut.
5.1.1.5 Gesetz von Bernoulli
Daniel Bernoulli (1700 – 1782) war ein Schweizer Mathematiker und Physiker. Bedeutsam für die Strömungslehre ist ein nach ihm benanntes Gesetz. Dieses beruht auf dem Energieerhaltungssatz, nach dem sich „die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems mit der Zeit nicht ändert“.
Allerdings kann innerhalb des abgeschlossenen Systems Energie zwischen den verschiedenen Energieformen umgewandelt werden. Solche Energieformen sind z.B. chemische, thermischen, elektrische oder auch Kernenergie.
Das Gesetz von Bernoulli bezieht sich auf mechanische Energieformen von Gasen, nämlich Druckenergie und kinetische Energie. Es lautet:
Gesamtdruck = statischer Druck + Staudruck = konstant
Im statischen Druck steckt die Druckenergie, im Staudruck die Bewegungsenergie der Luftmoleküle. Wir nennen den Staudruck daher auch den dynamischen Druck.
Der Vollständigkeit halber sei noch gesagt, dass hier die potenzielle Energie (Energie der Lage) unberücksichtigt bleibt, weil ihr Einfluss verschwindend gering ist, und dass das Gesetz genau genommen auf einer Stromlinie gilt.
5.1.1.6 Die Entstehung von Luftkräften an Oberflächen
Du hast dich sicher schon gefragt, wie die Luftkraft bzw. der Auftrieb, der dein Flugzeug trägt, zustandekommt. Die Erklärung ist nicht so ganz einfach.
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Abb. 5.1.1.6.1 Entstehung des Auftriebs |
In Bild A strömt Luft durch einen breiten Kanal mit einer Querschnittsverengung. Wegen des Kontinuitäts-gesetzes ist die Strömungsgeschwindigkeit an der Stelle größer als an der Stelle . Nach dem Gesetz von Bernoulli herrscht deswegen an der Stelle ein niedrigerer statischer Druck als an der Stelle . |
In Bild B setzen wir die schraffierten Körper, die die Querschnittsverengung bewirkt haben, in den freien Luftstrom. Der umströmte Körper verdrängt die Luft, sie muss um ihn herumfließen. Der Effekt ist der gleiche: An Stelle herrscht ein niedrigerer statischer Druck als an der Stelle , und zwar über und unter dem Körper. |
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In Bild C haben wir die untere Hälfte des Körpers weggenommen. Er ähnelt jetzt der dir bekannten Profilform. Über ihm ändert sich nichts. Der statische Druck bei ist niedriger als bei . Aber unter ihm wird kaum Luft verdrängt. Bei herrscht annähernd der gleiche statische Druck, wie bei . Was ist die Folge? Höherer Druck unter dem Körper als über dem Körper führt zu einer nach oben gerichteten Kraft. Das ist der Auftrieb. Er ist umso größer, je größer die Druckdifferenz zwischen oben und unten ist. |
Zwei Dinge sollten wir uns an dieser Stelle klar machen:
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Die absolute Größe des Drucks ist sowohl auf der Unterseite wie auch auf der Oberseite des umströmten Körpers positiv. Die Druckkraft drückt immer gegen die Oberfläche, ziehen kann sie nicht. Nur wird auf die Unterseite stärker gedrückt, als auf die Oberseite, wenn Auftrieb entsteht.
- Vielleicht hast du irgendwo als Erklärung für die größere Strömungsgeschwindigkeit auf der Oberseite gehört, dass der Weg dort länger sei, als auf der Unterseite. Die über die Oberseite und die Unterseite strömenden Luftteilchen müssten aber gleichzeitig an der Hinterkante ankommen.
Das stimmt nicht, im Gegenteil. Ein über die Oberseite strömendes Luftteilchen erreicht die Hinterkante viel eher, als eins, das über die Unterseite fließt – trotz des längeren Weges.
Bei der Umströmung eines Körpers entsteht eine von der Körperform und der Anströmrichtung abhängige Druckverteilung.
An jedem Flächenelement ΔA der Körperoberfläche kann man also (durch Multiplikation mit dem örtlichen Druck) die dort wirkende Kraft ΔF bestimmen.
Allerdings ist die Darstellung im Bild oben alles andere als maßstabsgerecht. Sie ist zwar von einer Windkanalmessung des ASK-21-Profils abgeleitet, aber so angepasst, dass du den Unterschied der Kraftelemente ΔF auf Unter- und Oberseite deutlich erkennen kannst.
Bereits in Abschnitt 5.0.2 hast du erfahren, dass man den Vektor der resultierenden Luftkraft meistens in zwei Komponenten aufspaltet. Die Auftriebskomponente – der Auftrieb – wirkt quer zur Anströmrichtung, die Widerstandskomponente – der Widerstand – parallel dazu.
Der Anstellwinkel ist der Winkel zwischen der Anströmrichtung und der Profilsehne. Er wird mit dem griechischen Buchstaben α (alpha) bezeichnet. Die Profilsehne ist die Verbindungslinie zwischen Flügelvorder- und Hinterkante.
5.1.1.7 Profilgeometrie
Die Profiltiefe l ist die Länge der Profilsehne.
Der größte Abstand zwischen Profilsehne und Skelettlinie ist die Profilwölbung, die Stelle, wo man sie findet, ist die Wölbungsrücklage. Beide gibt man meistens in Bezug auf die Profiltiefe l als Prozentangabe an.
Die Profildicke (Profilhöhe) ist der Durchmesser des größten Kreises, den du einzeichnen kannst. Auch die Profildicke kannst du in Bezug auf die Profiltiefe als Prozentangabe angeben. Oder direkt als Quotient aus Profildicke und Profiltiefe – dann bekommst du das Dickenverhältnis.
Den Anstellwinkel α kennst du schon: Er ist der Winkel zwischen der Profilsehne und der Richtung der ungestörten Anströmung, die der Bewegungsrichtung des Flugzeugs entspricht.
Es hat die Bezeichnung FX S 02-196. FX sind die Initialen von Professor Franz Xaver Wortmann, der das Profil entwickelt hat. S 02 ist eine interne Bezeichnung ohne besondere Aussagekraft. Hinter der Zahl 196 steckt die relative Profildicke.
- Das Profil hat eine Dicke von 19,6% der Profiltiefe bei einer Dickenrücklage von 37,1%.
- Die Profilwölbung beträgt 3,7%, die Wölbungsrücklage 43,5% der Profiltiefe.
5.1.1.8 Tragflügelgeometrie
- Der Rechteckflügel war früher wegen des geringen Bauaufwands und seiner guten Überzieheigenschaften beliebt. Bei Segelflugzeugen kommt er nicht (mehr) zum Einsatz, weil er keine guten Flugleistungen erlaubt.
- Den Trapezflügel findest du häufig bei Schul- und Übungssegelflugzeugen sowie bei Reisemotorseglern. Er ist vorteilhaft, wenn die Strukturmasse niedrig bleiben soll.
- Der Rechtecktrapezflügel verspricht bessere Leistungen als der Trapezflügel, führt aber zu einer höheren Strukturmasse.
- Der Doppel- oder Dreifachtrapezflügel ist heute Standard bei Segelflugzeugen, die auf gute Flugleistungen ausgelegt sind.
- Der Ellipsenflügel wäre aus Leistungsgründen ebenfalls sehr interessant. Leider gelingt es in der Praxis kaum, überall die erforderliche Profiltreue einzuhalten. Dadurch geht der Vorteil leicht wieder verloren.
Bei manchen Flugzeugen geht die Vorderkante des Flügels leicht nach hinten. Der Flügel hat dann ein wenig die Form eines Pfeils. Wir sprechen von einer positiven Pfeilung, wenn die Vorderkante des Flügels nach hinten wegläuft.
Auch die Profilsehne des Höhenleitwerks bildet einen Winkel mit der Rumpflängsachse. Der Höhenleitwerkseinstellwinkel ist kleiner als der Flügeleinstellwinkel. Vergleicht man Flügeleinstellwinkel und Höhenleitwerkseinstellwinkel miteinander, so erhält man die Einstellwinkeldifferenz.
Verwechsle den Einstellwinkel nicht mit dem Anstellwinkel!
Spannweite | 17,00 m |
Wurzeltiefe | 1,50 m |
Knickstelle bei y = | 5,20 m |
Tiefe am Flügelknick | 1,00 m |
Außenflügeltiefe | 0,50 m |
Pfeilwinkel (Vorderkante) | 0° |
V-Stellung | + 4° |
Einstellwinkel | + 2° |
Anker: Drücke = gdfgr2; Geschwindigkeit = gdfgr3; Kontinuität = gdfgr4; Bernoulli = gdfgr5; Luftkräfte = gdfgr6; Profilgeo = gdfgr7; Tragflügelgeo = gdfgr8
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